Hochrhein Schauspiel
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Silvester 2017: Endlich wieder „Dinner for One“

Liebe Freunde des Jahreswechsels im Theater

Wir haben gute Nachrichten für Sie!
Wie schon früher im ALI Theater bis 2014 wollen wir Ihnen drei Vorstellungen des Klassikers „Dinner For One“ zeigen, umrahmt von etwas Kabarett und Comedy. Wie üblich sehen Sie jeweils das „Dinner“ in drei Variationen:
Klassisch – so wie wir es aus dem Fernsehen kennen (mit Freddy Finton)
Emanzipiert – Sir James sitzt und Sophie bedient
Entwickelt – szenische Verarbeitung der Situation auf Basis aktueller Geschehnisse
Dauer jeweils ca. 1h – Eintritt 7€ / Schüler 4€ (Kinder bis 5 Jahren frei)

Reservationen hier:
19 Uhr Vorstellung
22 Uhr Vorstellung
Danach feiern mit den verbliebenen Gästen ins Neue Jahr 2018!

Die Kunst ist eine Lüge

Was uns vom Ensemble bewegt, immer weiter Theater zumachen, ist eine große Frage, auf die es keine kleine Antwort gibt.

Es beruht auf der in uns allen drängenden Notwendigkeit, uns mitzuteilen, die zurück geht in eine Zeit, bevor es das geschrieben Wort gab, vielleicht sogar in eine Zeit, bevor es das gesprochene Wort, also eine gemeinsame Sprache gab. Wir haben das, was wir unbedingt sagen und den anderen mitteilen wollten, den anderen vorgespielt. Mit Gesten und Gesichtsausdrücken, die unsere Mitmenschen kannten und erkannten. Auch lang darüber hinaus in der Zeit, als es schon längst Sprache und auch das geschriebene Wort gab, war die Übermittlung von Nachrichten, Geschichten, Traditionen und Erfahrungen leichter, wenn man sie mit dem ganzen Körper unterstützte, sie quasi inszenierte.

„Wir wissen alle, daß Kunst nicht Wahrheit ist. Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit begreifen lehrt, wenigstens die Wahrheit, die wir als Menschen begreifen können. Der Künstler muß wissen, auf welche Art er die anderen von der Wahrhaftigkeit seiner Lügen überzeugen kann.“

  – Pablo Picasso 1923

 

 

Ein Volksfeind

(Henrik Ibsen, 1883), Regie: Daniel Leers – Rechte bei DREI MASKEN VERLAG GmbH, Herzog-Heinrich-Straße 18, 80336 München

Daniel Leers inszeniert „Ein Volksfeind“ in temporeicher und zeitaktueller Weise und lässt seine Protagonisten dafür mit modernen Medien arbeiten – bringen Sie ihr Smartphone mit !

Pflicht oder Schuld? Kann man überhaupt pflichtschuldig handeln? Eine interessante Kombination: Schuld und Pflicht. Warum sterben Menschen so freiwillig für ihre Überzeugung und ihre Ideale?
Sind das alles nicht nur Gedankenspiele des einen Menschen, die den Wahrheiten des anderen nur spotten.
Und sind wir verpflichtet zur Wahrheit, egal was wir als solche erkennen.

Niemand handelt wirklich gegen seine innere Überzeugung oder gegen das, was wir den gesunden Menschenverstand nennen (auch wenn der sich von Mensch zu Mensch unterscheiden mag). Ist es das Über-Ich, die Ultima-Ratio oder vielleicht doch sowas wie eine gewisse Schwarmintelligenz. Am Ende ist wahrscheinlich das Mittelding aller Meinungen einer Gruppe immer richtig. Dann ist also das, was die Mehrheit denkt oder tut, automatisch richtig, das Rechte, das Recht? Oder ist das alles von Gesellschaftsformen und Bildungsebenen abhängig und somit doch nur relativ. – Ein Zwiespalt, der kaum zu lösen scheint.

In der Inszenierung des Hochrhein Schauspiels von Henrik Ibsens „Ein Volksfeind“ beschäftigt dies auch die Figuren der kleinen Stadt. Was ist richtig, was ist falsch. Wann handelt man pflichtschuldig und wann macht man sich schuldig. Wir tauchen ein in eine sich radikal ändernde Welt einer kleinen Gemeinschaft, die fortlaufend gezwungen wird, ihre Entscheidungen zu hinterfragen – ihre Blickwinkel zu ändern und neue Wahrheiten und Verantwortlichkeiten zu erkennen.

Dr. med. Thomas Stockmann macht eine Entdeckung, die das Wohlergehen sehr vieler Menschen  beinträchtigen wird, egal wie er sich entscheidet. Und das scheint unlösbar für ihn. Denn seine Entdeckung, dass das Wasser des neu gebauten Heilbades des Ortes verunreinigt ist und eher krank als gesund macht, birgt zweierlei Risiken in sich:

  • bedeckt er sich und seine Erkenntnis, wird die städtische Gemeinschaft durch das Heilbad aufblühen und gedeihen; wirtschaftlicher und sozialer Erfolg, Wohlstand und Frieden für alle. Jedoch riskiert er dabei die Gesundheit der Badegäste, die all dies finanzieren und ermöglichen.
  • tut er es kund, schliesst das Bad, der Ort versandet im Nichts; Armut und Perspektivlosigkeit für alle steigen am Horizont auf.

Es gilt abzuwägen, ob die bewusst mögliche und wiederholte Schädigung einzelner Badegäste in der kommenden Zukunft schwerer wiegt, als das unmittelbare Schädigen der eigenen Gemeinschaft, bis hinein in den engeren Freundeskreis, die Familie und auch sich selbst. Fast ein deontolgisches Dilemma, auch bekannt als „Trolley-Problem“.

Der Rechtsphilosoph Hans Welzel formulierte dies 1951 an einem Beispiel wie folgt:
„Ein Güterzug droht wegen falscher Weichenstellung auf einen vollbesetzten stehenden Personenzug aufzufahren. Ein Weichensteller kann blitzschnell den Güterzug auf ein Nebengleis umleiten, wo er aber dann ohne Vorwarnung in eine Gruppe von Gleisarbeitern rasen wird.“

Was tun? Handeln führt ebenso zu unabweislicher Schuld wie Nichthandeln.

Doch wo unser Badearzt Dr. Stockmann ausschliesslich auf seine Verpflichtung der Gesundheit der Menschen gegenüber blickt und sich kaum beirren oder von seiner Wahrheit abbringen lässt, erleben wir anderen, Sie als Zuschauer und die mitagierenden Figuren, die Achterbahnfahrt der Entscheidungen: sind wir für die eine Lösung oder für die andere? Tja, und aus welchem Grund. Wann ist für den einzelnen der Punkt erreicht, sich so oder so zu entscheiden. Ehre, Moral, Ideale oder das eigene Hemd? Wie kann man die schon berufene Schwarmintelligenz hervorrufen und ihr das Ruder übergeben.

Lassen Sie sich von uns auf dieses dünne Eis führen. Entscheiden Sie jeden Abend live mit! Stimmen Sie in einem geheimen Wahlverfahren im Rahmen der Aufführung mit ab und beobachten Sie gemeinsam mit den Schauspielern, wie sich ihre eigene Meinung und die des gesamten Saales während des spannenden Verlaufes der Ereignisse immer wieder verändern kann.

Sapere aude!

Leitworte der Inszenierung:
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.
Immanuel Kant, Sept. 1784

von der ersten Lesung mit Textarbeit über Kostümproben zur Rollenfindung

…und das kam dabei raus:

  

Wikipedia sagt:
Ein Volksfeind“ ist ein gesellschaftskritisches Drama des norwegischen Schriftstellers Henrik Ibsen aus dem Jahr 1882. Leitmotive sind Wahrheit und Freiheit sowie Mehrheit und Recht. Besonders beanstandet Ibsen die öffentliche Meinung, die oft als Wahrheit akzeptiert werde. (…)